Wissenschaft und jesus

Viele versuchen, eine persönliche Entscheidung für Christus mit dem Einwand zu verdrängen, wenn etwas nicht wissenschaftlich beweisbar sei, sei es auch nicht wahr und darum nicht der Annahme wert. Da man die Gottheit Jesu Christi und die Auferstehung nicht wissenschaftlich beweisen könne, sei es einem Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts nicht zuzumuten, Christus als Erlöser anzunehmen oder an die Auferstehung zu glauben.

So tritt sehr oft im Philosophie- oder Geschichtsunterricht die Frage an mich heran: "Können Sie es wissenschaftlich beweisen?" Worauf ich gewöhnlich entgegne: "Nein, ich bin schliesslich kein Naturwissenschaftler." Als Antwort geht dann ein spöttisches Grinsen durch die Klasse, und man hört Stimmen wie: "Lassen wir doch diesen Quatsch", oder: "Seht ihr, es kommt nur auf den Glauben an" (womit blinder Glaube gemeint ist).

Kürzlich unterhielt ich mich auf einem Flug nach Boston mit meinem Sitznachbarn darüber, warum ich persönlich glaube, dass Jesus der ist, der er zu sein vorgab. Der Pilot, der gerade seine Begrüssungsrunde machte, bekam Teile unseres Gespräches mit. "Sie haben ein Problem vergessen", meinte er. "Und das wäre?", hakte ich nach. "Sie können es nicht wissenschaftlich beweisen."

Die Geisteshaltung, die unsere moderne Gesellschaft entwickelt hat, ist erstaunlich. Wie viele schliessen sich heute der These an, was nicht wissenschaftlich zu beweisen sei, könne auch nicht wahr sein. Das ist falsch! Es wird problematisch, wenn man eine Person oder einen Vorfall in der Geschichte beweisen möchte. Wir müssen hier den Unterschied zwischen einem naturwissenschaftlichen und einem juristisch-historischen Beweis klären

Die naturwissenschaftliche Beweisführung geht davon aus, dass etwas nur dann als Tatsache akzeptiert werden kann, wenn es sich in der Gegenwart desjenigen wiederholen lässt, der es anzweifelt. In einer kontrollierten Situation werden Beobachtungen angestellt, Daten festgehalten, Hypothesen empirisch verifiziert.

Die naturwissenschaftliche Methode, wie man sie auch definiert, geht mit der Messung eines Phänomens, dem Experiment oder der wiederholten Beobachtung einher. Dr. James B. Conant, der frühere Präsident der Harvard-Universität, schreibt dazu: "Naturwissenschaft - das sind miteinander verbundene Konzeptreihen und Begriffsschemata, die als Ergebnis von Versuchen und Beobachtungen entwickelt wurden und die sich in weiteren Experimenten und Beobachtungen fruchtbar an-wenden lassen." 1

Die Anwendung von kontrollierten Versuchen, um den Wahrheitsgehalt einer Hypothese zu testen, ist eine der wichtigsten Methoden der modernen Naturwissenschaft. So mag jemand die Behauptung aufstellen: "Elfenbeinseife schwimmt nicht!" Ich nehme daraufhin die betreffende Person mit in die Küche, lasse 10 Liter 30°C warmes Wasser in das Spülbecken laufen und werfe die Seife hinein. Beobachtungen setzen ein, Aufzeichnungen werden gemacht, eine Hypothese wird durch Beobachtung verifiziert: Elfenbeinseife schwimmt.

Wenn sich nur durch die naturwissenschaftliche Methode etwas beweisen liesse, so stiessen wir jedoch bald an Grenzen; denn es wäre zum Beispiel unbeweisbar, dass wir heute in der Uni waren oder dass wir schon gefrühstückt haben, weil es keine Möglichkeit zur Wiederholung dieser Tatsache in einer geplanten, kontrollierten Situation gibt.

Hier wird eine juristisch-historische Beweisführung notwendig. Man bemüht sich nachzuweisen, dass etwas als Tatsache angenommen werden kann, ohne dass ernsthafte Zweifel bleiben. Mit anderen Worten, man fällt ein Indizienurteil auf der Basis von Beweisen. Die Entscheidung stützt sich auf drei Arten von Beweismitteln: mündliche Zeugenaussagen, schriftliche Zeugnisse und Indizien (wie Waffen, Geschosse, Tagebuch etc.). Mit der juristisch-historischen Beweismethode könnte ich ohne Schwierigkeiten beweisen, dass ich heute morgen die Uni besucht habe: Freunde haben mich gesehen, es existieren Notizen von den Vorlesungen, Professoren erinnern sich an meine Anwesenheit.

Die naturwissenschaftliche Methode kann nur wiederholbare Dinge beweisen. Sollen jedoch Mutmassungen über eine Person oder die Wahrhaftigkeit eines Geschichtsereignisses belegt werden, dann erweist sie sich als unzulänglich. "Hat George Washington gelebt?", "War Martin Luther King ein Bürgerrechtskämpfer?", "Wer war Jesus von Nazareth?", "War Robert Kennedy amerikanischer Justizminister?" oder "Ist Jesus Christus von den Toten auferstanden?". Solche Fragen überschreiten den Rahmen naturwissenschaftlicher Beweisbarkeit; wir müssen sie mit der juristisch-historischen Methode auf ihre Stichhaltigkeit untersuchen. Mit anderen Worten: Die naturwissenschaftliche Methode, die auf Beobachtung, Aufzeichnung von Daten, Aufstellung von Hypothesen, Schlussfolgerung und experimenteller Verifikation beruht, die empirische Regelmässigkeiten in der Natur erforschen und erklären will, findet keine letzte Antwort auf Fragen wie: "Ist die Auferstehung wissenschaftlich beweisbar?", oder: "Kann man beweisen, dass Jesus der Sohn Gottes ist?". Wenn wir die juristisch-historische Methode zu Hilfe nehmen, müssen wir zunächst die Zuverlässigkeit der Zeugen überprüfen.

Es hat mich immer besonders angesprochen, dass es sich beim christlichen Glauben nicht um blinde, unwissende Einbildung, sondern um einen intelligenten Glauben handelt. Jedesmal, wenn die Bibel jemanden zum Glauben aufruft, ist ein Glaube gemeint, der das Denken nicht ausschliesst. Jesus sagt in Johannes 8: "Ihr sollt die Wahrheit wissen" - nicht sie ignorieren. Als man Christus danach fragte, was denn das oberste Gebot sei, gab er zur Antwort: "Den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen und mit deinem ganzen Verstand zu lieben." Leider hören viele Menschen beim Herzen auf, so dass die Tatsachen über Christus nie ihren Verstand erreichen. Wir wurden jedoch auch mit einem Verstand ausgestattet, der, vom Heiligen Geist erleuchtet, Gott erkennen soll; nicht nur mit einem Herzen, um ihn zu lieben und mit einem Willen, dem es freisteht, sich für ihn zu entscheiden. Um unsere Beziehung zu Gott voll ausschöpfen und ihm die gebührende Ehre geben zu können, müssen alle drei, Herz, Wille und Verstand, daran beteiligt werden. Von mir ausgehend kann ich sagen, dass es nicht möglich ist, sich mit dem Herzen über etwas zu freuen, was der Verstand ablehnen müsste. Beide sind zu einem Zusammenwirken in Harmonie geschaffen. So wird keinem Menschen zugemutet, intellektuellen Selbstmord zu begehen, wenn er sein Vertrauen auf Christus als Erlöser und Herrn setzt.

In den nächsten vier Artikeln sollen daher die Zuverlässigkeit der schriftlichen Dokumente und die Glaubwürdigkeit der mündlichen Zeugen- und Augenzeugenberichte von Jesus näher untersucht werden.

 

Autor: Josh McDowell
Quelle: Wer ist dieser Mensch